23. November 2024

Krieg gegen Russland und den Donbass?

Die Gefahr eines großen Krieges zwischen der Ukraine und Russland ist in den letzten Wochen und Tagen dramatisch angewachsen. Das ukrainische Militär benutzte von der Türkei gekaufte Bayraktar- TB-2-Kampfdrohnen für provokative Angriffe und Manöver in der „Konfliktzone“, das heißt an der Grenze zu den Donbass-Republiken Donezk und Lugansk. Der vereinbarte Waffenstillstand ist längst wieder durch den schweren ukrainischen Beschuss des Grenzgebiets zerstört. Seit 2014 sind rund 14.000 Menschen durch die Versuche zur Rückeroberung der Donbass-Republiken umgekommen. Nun haben die Machthaber in Kiew NATO-Truppen angefordert, um ihnen bei der Eröffnung einer neuen Runde der militärischen Aggression gegen die Donbass-Republiken, die Krim und Russland zu helfen.

Inzwischen hat die Popularität der rechtsradikal bis faschistisch durchsetzten Kiewer Kamarilla einen Tiefpunkt erreicht. Die Wirtschaft des Landes hat die tiefen Einbrüche nach Auflösung der Sowjetunion und insbesondere nach dem Putsch 2014 noch lange nicht verkraftet und ist 2020 wieder in eine Rezession zurückgefallen. Die Pro-Kopf-Wirtschaftskraft liegt nur bei 65 Prozent der Werte von vor 1991 und bei 23 Prozent des EU-Durchschnitts. Die Ukraine ist damit nach Moldawien das zweitärmste Land Europas. Die nach dem Putsch unabhängig gewordenen Donbass-Republiken beherbergen das schwerindustrielle Zentrum der Ukraine. Davon abgeschnitten und zunehmend vom westlichen Finanzkapital ausgeplündert, bewegt sich das Land immer weiter auf den drohenden Totalabsturz zu. Wenn jetzt noch die Gebühren aus dem Fossilenergietransit wegfallen und die Möglichkeit entfällt, sich aus den russischen Gasleitungen zu bedienen, ist die Staatspleite kaum noch abzuwenden. Wladimir Selenski hatte im Wahlkampf eine Entspannung und Annäherung an Russland versprochen, was hätte helfen können, die 1991 und 2014 zerstörten Wirtschafts- und Versorgungsverbindungen wiederherzustellen. Dafür war er mit einem Erdrutschsieg von 73 Prozent ins Amt gewählt worden. Was Selenski geliefert hat, war das exakte Gegenteil. Gegenwärtig liegt sein Popularitätswert bei unter 25 Prozent. Was die Selenski-Mannschaft nun versucht, ist so etwas wie die Flucht nach vorn. Eine Flucht in den Krieg.

Dabei haben die Kiewer Machthaber durchaus die Unterstützung ihrer Paten. Seit Wochen erleben wir ein Powerplay des Wertewestens und seiner Kampfmedien gegen Russland, speziell gegen Präsident Wladimir Putin. Truppenverlegungen innerhalb der russischen Grenzen werden von Mächten zu Aggressionen erklärt, die ihre atombewaffnungsfähigen Bomber, Lenkwaffenzerstörer und Flugzeugträger rund um den ganzen Globus senden und weltweit hunderte von Militärstützpunkten unterhalten. Und die in bester Kanonenbootmanier direkt vor der Haustür der Volksrepublik China, des Iran und der Russischen Föderation kreuzen. Die Bigotterie der westlichen Propaganda macht aus der Verteidigung territorialer Integrität eine Aggression und aus der aggressiven militärischen Provokation eine Verteidigungsanstrengung. Die Biden-Regierung hat inzwischen so viele russische Diplomaten des Landes verwiesen, dass die Funktion der russischen Botschaft in den USA nicht mehr gewährleistet ist. Der diplomatische Austausch ist weiter zerstört als zu Zeiten des Kalten Krieges zwischen den USA und der UdSSR. Dafür schickt das Pentagon Militärberater und rüstet Kiew für seine Rückeroberungspläne mit modernisierten Stinger-Luftabwehr- und elaborierten Javelin-Panzerabwehrraketen aus.

Präsident Putin und Außenminister Sergej Lawrow haben klargestellt, dass sie die Stationierung von NATO-Truppen in der Ukraine und/oder einen Angriff auf Donezk, Lugansk und die Krim nicht tolerieren und als Überschreiten der von Russland gezogenen „Roten Linie“ ansehen werden. Putin hat die sich daraus ergebende Bedrohungslage für die russischen Zentren deutlich gemacht. US-Kriegsminister Lloyd Austin hatte bei seinem Besuch in Osteuropa erklärt, die Ukraine und Georgien hätten „eine offene Tür zur NATO“ und „keine dritte Macht hätte ein Vetorecht über NATO-Mitgliedschaftsentscheidungen“. Lawrow war mit US-Außenminister Antony Blinken Anfang Dezember in Stockholm angesichts des sich zuspitzenden westlichen Spannungsaufbaus an der russischen Grenze und der fortgesetzten NATO-Frontverlagerung in Richtung Osten hart aneinandergeraten. Auch der russische Präsident hat betont, eine weitere Ausdehnung der NATO nach Osten werde nicht akzeptiert. Die russische Seite werde entschlossen und entschieden handeln. Damit steht die Region unmittelbar vor der Gefahr eines Krieges. Lawrow hatte zuvor angedeutet, dass die Ukraine als solche im Falle eines Krieges aufhören würde zu existieren. Beobachter gehen von einer weitgehenden Besetzung der ukrainischen Gebiete am Schwarzen Meer und der östlichen Ukraine aus.

Die Kalkulationen des Pentagon und der Vordenker der US-Kriegsmaschine gehen erkennbar von einem schwachen Russland aus, wie es noch während des von der EU und den USA geführten Putsches in der Ukraine 2014 der Fall war. Damals hatten die Sanktionen gegen Russland erhebliche Negativwirkungen auf die russische Ökonomie. Heute ist die Lage eine komplett andere. Russland hat sich stabilisiert, nach Asien ausgerichtet und mit der Volksrepublik einen starken Partner gefunden, der das Land in Falle eines solchen Krieges nach Kräften ökonomisch und militärisch unterstützen wird. Spekulationen gehen sogar von entschlossenen Handlungen in der Taiwan-Frage aus. Damit hat sich das geostrategische Kräfteverhältnis massiv verschoben. Die Hauptstaaten der Eurasischen Kooperation sind nicht mehr bereit, sich den Befehlen Washingtons zu beugen und beharren auf den durch „Rote Linien“ abgesteckten Bereichen nationaler Sicherheit und Souveränität. Damit ist eine Bereitschaft angedeutet, so etwas wie einen geostrategischen Waffenstillstand zu akzeptieren. Die Frage ist, ob Washington sich darauf einzulassen vermag. Bislang sieht es nicht danach aus.

Quelle: UZ – Unsere Zeit – Krieg gegen Russland und den Donbass?

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