26. Dezember 2024

Der Kapitalismus hat das Gesundheitswesen zerstört – nicht das Virus

Übernommen von UZ – Unsere Zeit:

Positionsbestimmung des Parteivorstands der DKP (Februar 2022)

Spätestens mit der Bundestagsdrucksache 17/12051 vom 3. Januar 2013 waren die Risiken einer Pandemie bekannt. Bekannt waren auch die Probleme des Gesundheitswesens. Sie wurden bewusst herbeigeführt durch Kaputtsparen, Einführen der Fallpauschalen und Privatisierungen. Selbst inmitten der Pandemie wurden und werden weitere Krankenhäuser geschlossen. Im Gesundheitswesen fehlen weit über einhunderttausend Beschäftigte, die Arbeitsbedingungen sind eine Katastrophe, die Bezahlung ist miserabel. Im Kapitalismus regiert der Profit. Die Regierenden tun alles, damit er wächst. Darum ist unsere Gesundheit zur Ware geworden. Das macht die Pandemie und das Virus umso gefährlicher.

Die in vielen kapitalistischen Staaten skrupellos betriebene schleichende Durchseuchung ist menschenverachtend. Sie nimmt den Tod vieler gefährdeter Menschen billigend in Kauf und ist Ausdruck eines ausschließlich auf Profitinteressen ausgerichteten Sozialdarwinismus. Wir Kommunisten stehen für eine wirksame, wissenschaftlich anerkannte Seuchenbekämpfung und umfassende Gesundheitsvorsorge.

Es geht auch anders. In Kuba, Vietnam, Laos und der Volksrepublik China steht die Gesundheit der Bevölkerung im Mittelpunkt, nicht die Herrschafts- und Profitinteressen des Imperialismus und der Pharmaindustrie.

Gehandelt wurde und wird nach anerkannten Standards der Seuchenbekämpfung: Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Kombination aus Hygienemaßnahmen, massenhafter Testung und Impfen sowie der Verknüpfung verschiedener sozialer und medizinischer Maßnahmen. Dazu gehören Vorbeugung und Aufklärung, Sorge um gesunde Lebensverhältnisse und kleinräumige medizinische Basisversorgung. Nicht die Einzelmaßnahme, sondern die Kombination führt zum Erfolg. Wirksam werden die Maßnahmen, wenn nachvollziehbare, transparente Informationen überzeugen. Das schafft Vertrauen und Zuversicht und nimmt die Menschen mit. Der Impfschutz hat dabei einen hohen Stellenwert, wird aber nicht isoliert gesehen. Das macht den Erfolg unserer Genossinnen und Genossen in China, Kuba und anderen Ländern aus.

Impfen allein ist kein Allheilmittel

In diesem Land steht das Impfen als Allheilmittel im Vordergrund. Wenn Politiker der alten und neuen Bundesregierung jetzt eine allgemeine Impfpflicht in Stellung bringen, lenken sie nicht nur vom eigenen Unvermögen ab. Das Impfen als wichtiger Baustein in der Pandemiebekämpfung wird politisch missbraucht. Für die medizinische Behandlung müssten sowohl stationär wie auch ambulant wesentlich mehr Ressourcen eingesetzt werden. Mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht wird der Konflikt in die Betriebe getragen. Die DKP lehnt arbeitsrechtliche Maßnahmen zur Durchsetzung von Impfungen ab. Das Gesetz zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht muss weg. Dazu sollen auch alle rechtlichen Mittel genutzt werden. Eine regelmäßige, kostenfreie Testung während der Arbeitszeit muss gewährleistet sein.

Hinter der Impfkampagne stehen nicht zuletzt die Interessen der Pharmaindustrie. Fast 20 Prozent des Wirtschaftswachstums Deutschlands gingen 2021 auf die Umsätze und Gewinne von Pfizer/Biontec zurück. Der Konzern machte im vergangenen Jahr mindestens 7 Milliarden Euro Gewinn. Die Widersprüchlichkeit um die Impfstoffe AstraZeneca, Johnson&Johnson und Biontec verunsichern die Menschen in der EU und den USA. Statt zielgerichtet und international zu kooperieren, wurden wichtige Zeit und hunderte Millionen Euro an Steuergelder verschwendet, um die jeweiligen Pharmakonzerne in Stellung zu bringen. Entwicklungsländer werden bis heute mit Almosen abgespeist. Afrika droht mit einer Impfquote von nur 10 Prozent zum Hotspot für Virusmutationen zu werden. Milliardengeschäfte sind wichtiger als Menschenleben.

Kein Profit mit Impfstoffen

Mit der Pandemie darf kein Profit gemacht werden. Impfstoffe und Behandlungen zur Bekämpfung der Pandemie sind zu einem globalen öffentlichen Gut zu machen, das für jeden frei zugänglich ist. 250.000 Menschen haben bisher eine entsprechende europäische Bürgerinitiative „Jeder verdient Schutz vor Covid-19 – Kein Profit durch die Pandemie“ unterzeichnet, die auch von der DKP unterstützt wird. (noprofitonpandemic.eu/de)

Auch hier zeigen die Länder mit sozialistischer Orientierung ihre Überlegenheit. Kuba und die Volksrepublik China, also ein Entwicklungsland und ein Schwellenland, schickten von Anfang an medizinisches Personal in alle Welt. Beide sagten von Anfang an: „Impfstoff muss menschliches Kulturgut sein.“ Beide entwickelten Impfstoffe, die bereits in viele Dutzend Länder exportiert wurden. China lieferte 2 Milliarden Impfdosen an mehr als 120 Länder und internationale Organisationen. Das ist ein Drittel des globalen Impfstoffverbrauchs außerhalb der VR China. In der EU stehen von weltweit 31 zugelassenen Impfstoffen nur fünf zur Verfügung. Die Freundschaftsgesellschaft BRD–Kuba unterstützt eine Petition zur Zulassung des kubanischen Impfstoffs Soberana in Europa, die in Italien gestartet wurde. Wir rufen dazu auf, diese Petition zu unterzeichnen. Kurzelinks.de/Impfstoffe-Kuba-Petition

Kein weiterer Abbau demokratischer Rechte

In diesem Land wird die Pandemie genutzt, um die Lasten der kapitalistischen Krise auf die Menschen abzuwälzen und demokratische Rechte abzubauen. Die Pandemie wird für die weitere Militarisierung der Gesellschaft genutzt. Der Einsatz von Soldaten im Tarnfleck in Gesundheitsämtern soll uns an die Uniform in der Öffentlichkeit gewöhnen. Wir lehnen den Bundeswehreinsatz im Innern ab und fordern stattdessen, ausreichendes, qualifiziertes und tariflich bezahltes Personal im Gesundheitswesen!

Bereits 2020 wurde versucht, das Demonstrationsrecht mit Verweis auf den Pandemieschutz weitgehend einzuschränken. Mit dem Kampf um die Demonstrationen am 1. Mai konnte dies vorerst verhindert werden. Die Vereinigung demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ) sieht durch die „Grundrechtsbeschränkung der „Bundesnotbremse … das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit gefährlich verschoben“. Befürchtet wird eine Fortwirkung der Freiheitseinschränkungen auch nach Ende der Pandemie. „Die Anzeichen verdichten sich, dass die ausgeweitete Überwachung und Regulierung des Sozialen in absehbarer Zeit nicht zurückgenommen werden soll“, so der VDJ schon im April 2021.

Der sogenannte Verfassungsschutz hat das neue „Delikt“ einer „verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates“ geschaffen. So erklärt der Leiter des Verfassungsschutzes, Extremismus beginne, wenn zum „Widerstand gegen den Staat aufgerufen wird“ oder wenn Leute versuchen „den Eindruck zu vermitteln, der Staat versage und tue nichts für die Menschen“. Stolz wird über den Erfolg „digitaler Agenten“ im Rahmen von Online-Überwachungen berichtet. Die neue Justizministerin (SPD) assistiert mit der Forderung nach Einschränkungen für den Messengerdienst Telegram. Hier wird klar, wohin die Reise gehen soll. Jegliche Form der Kritik an staatlichem Handeln soll unter Generalverdacht gestellt werden.

Was heute zum Beispiel gegen Corona-Demos in Stellung gebracht wird, kann morgen gegen protestierende Mieter, Aktionen von Umweltschützern und streikende Belegschaften angewandt werden.

Wir fordern die Rücknahme aller Einschränkungen der Grundrechte. Die Verfassungsschutzämter müssen aufgelöst werden!

Die Menschen erleben die Pandemiebekämpfung als Chaos. Sie erleben, dass Einschränkungen und Regelungen vor allem auf ihr Privatleben zielen und nicht nachvollziehbar und transparent sind. Quarantäneregeln werden ausgesetzt, der Genesenenstatus verkürzt, Impfstoffe, die gestern noch als sicherer Schutz gegen das Virus galten, sind es plötzlich nicht mehr, PCR-Tests werden priorisiert, weil sie nicht ausreichend zur Verfügung stehen. Die Menschen merken, dass es nicht in erster Linie um ihre Gesundheit geht, sondern darum, dass die Profite des Großkapitals gesichert werden. Was wir in der kapitalistischen Krise und der Corona-Pandemie erleben ist ein Versagen des Staates. Es ist nicht auf Unfähigkeit oder Dummheit der Regierenden zurückzuführen, sondern auf ihre Unterwerfung unter die kapitalistischen Profitinteressen.

Zu den „Corona-Protesten“ und unseren Aufgaben

Die Pandemiepolitik, die den Profit weniger über die Gesundheit aller stellt, hat eine ungeheure Polarisierung zur Folge. Das ist gewollt oder wird zumindest billigend in Kauf genommen. Menschen gehen vermehrt auf die Straße. Es wäre eigentlich die Rolle der Arbeiterklasse, der Arbeiterbewegung, der Gewerkschaften, diese Widersprüche führend aufzugreifen und die Widerspruchsverarbeitung in eine fortschrittliche Richtung zu lenken. Dafür ist die Arbeiterbewegung zu schwach, zu orientierungslos, zu gespalten. Das hat auch mit unserer Schwäche zu tun.

Weder die Aktionen gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung noch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lassen sich über einen Kamm scheren. Es ist falsch, sie in der Gesamtheit als Rechte, als Esoteriker oder als irrational zu verorten und zum Hauptgegner zu machen. Genauso falsch ist es, die Proteste euphorisch zu begrüßen und sich ohne eigene Inhalte einzureihen.

Nazis, Konservative und rechte bürgerliche Kräfte und Vorstellungen haben in der Regel die Hegemonie in der Bewegung oder versuchen, diese zu bekommen. An anderen Orten spielen sie keine Rolle. Diese Differenziertheit müssen wir erfassen und bei unserem Umgang mit den Protesten berücksichtigen.

Wenn Rechte die Hegemonie haben und es keine Chance gibt, diese Hegemonie zu beseitigen, dann beteiligen wir uns an Gegenaktionen. Wir werden uns dabei nicht in eine Reihe mit den Vertreterinnen und Vertretern der jetzigen oder vorigen Regierungsparteien stellen, ohne deutlich zu machen, dass ihre Politik im Interesse der herrschenden Klasse ursächlich für die Situation ist. Gibt es keine Hegemonie der Rechten, müssen wir versuchen, geduldig ins Gespräch zu kommen, unsere marxistische Analyse verständlich zu machen, tatsächliche Zusammenhänge und Interessen aufzuzeigen. Dazwischen wird es eine Vielzahl von differenzierten Umgangsweisen geben, die letztlich von der örtlichen Situation und damit auch von unserer Stärke oder Schwäche abhängen. Die konkrete Entscheidung muss vor Ort kollektiv getroffen werden.

Der Klassenkampf von oben erzeugt Widersprüche, die für viele offensichtlicher werden. Das Ziel der Herrschenden ist es, sie so zu entschärfen, dass sie ihnen nicht schaden. Falsche, irrationale Erklärungsansätze sind dabei ebenso eine Trumpfkarte wie die Spaltung der Arbeiterklasse. Wir müssen verhindern, dass sie sie ausspielen können – durch Aufklärung und das Kennzeichnen der Verursacher der kapitalistischen Krise.

Der Riss durch die Gesellschaft verläuft nicht zwischen Geimpften und Ungeimpften. Er verläuft zwischen Herrschern und Beherrschten. Nicht Ungeimpfte sind unsere Gegner, sondern diejenigen, die das Gesundheitswesen privatisieren und kaputt machen. Nicht Ungeimpfte sind unsere Gegner, sondern diejenigen, die aus der kapitalistischen Krise und der Pandemie Profite schlagen, die das menschliche Vorstellungsvermögen kaum erfassen kann: Die Pharmakonzerne, die Internetgiganten, die Logistiker, die Discounter. Nicht Ungeimpfte sind unsere Gegner, sondern eine Regierung, die im Interesse der Krisengewinner arbeitet.

Unser Widerstand richtet sich

  • gegen das Kaputtsparen des Gesundheitswesen und für Entlastung der Beschäftigten. Das Gesundheitswesen gehört in Öffentliche Hand, unter demokratischer Kontrolle.
  • gegen das Abwälzen der Krisenlasten auf die Bevölkerung. Ein Mittel dazu ist unsere Kampagne für einen Energiepreisstopp. Energiekonzerne gehören in die Öffentliche Hand, unter demokratischer Kontrolle.
  • gegen eine Bundesregierung, die für Privatisierung steht und allein im Sinne der Konzerne agiert.

(Beschlossen am 5. Februar 2022 bei 2 Gegenstimmen und 1 Enthaltung)

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Der Kapitalismus hat das Gesundheitswesen zerstört – nicht das Virus

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