18. Dezember 2024

ÖVP oder SPÖ – welche Partei dient dem Kapital am besten?

Kommentar von Otto Bruckner, stellvertretender Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs (PdA)

Die ÖVP habe kein Korruptionsproblem, liess uns Bundeskanzler Karl Nehammer vor kurzem wissen. Sie hat eher ein Problem mit der Realitätswahrnehmung, könnte man da ergänzen. Aus dem Kabinett der schwarz-blauen Regierungen von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (2000–2006) sind nach so langer Zeit noch immer nicht alle Korruptionsfälle aufgearbeitet. Die Eurofighter-Ermittlungen wurden justizintern behindert und erst kürzlich wieder aufgenommen. Der Prozess gegen den ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz-Grasser endete mit einem Schuldspruch für ihn und einige seiner Helfer. Grasser fasste acht Jahre Haft aus. Er bekämpft aber das Urteil in der nächsten Instanz, so dass es nicht rechtskräftig ist. Schüssels ehemaliger Innenminister Ernst Strasser hat seine Strafe inzwischen abgesessen.

Aktuell wird gegen fünf ehemalige, teils bis vor kurzem noch im Amt befindliche ÖVP-Regierungsmitglieder ermittelt: Die Ex-Finanzminster Josef Pröll, Hans-Jörg-Schelling, Hartwig Löger und Gernot Blümel sowie den Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz. Dazu laufen auch noch gegen viele andere Personen strafrechtliche Ermittlungen, die in den ÖVP-Kabinetten der jüngsten Zeit gearbeitet haben oder sonstwie mit ihr verbunden waren, wie etwa die Meinungsforscherinnen Sophie Karmasin (auch eine ehemalige Ministerin) und Sabine Beinschab. Und nun auch gegen den Parlamentspräsidenten Wolfgang Sobotka. Für alle genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung.

Die ÖVP ist traditionell die wichtigste Partei des österreichischen Großkapitals, entsprechend fehlte es ihr auch nie an finanziellen Zuwendungen. Neu ist seit einiger Zeit, dass sich einzelne Großkapitalisten Vorteile durch besondere Nähe zur Regierung oder zu einzelnen Regierungsmitgliedern versprechen und zum Teil auch ganz ungeniert bekommen. Meist handelt es sich dabei um Emporkömmlinge und Wichtigtuer.

Das Personal hingegen, das die ÖVP in der Regierung stellt, wird immer schlechter. Es fehlt vielen Ministerinnen und Ministern an Bildung, Kompetenz, sozialer Empathie und Leadership. Das setzt sich auch im schwarzen Nationalratsklub fort, was durch Witzfiguren wie Andreas Hanger ganz besonders deutlich wird.

SPÖ als soziale Alternative?

Nun hat sich die SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner mit einer pompösen Parteiveranstaltung als künftige Bundeskanzlerin empfohlen. An sich ist es ja jetzt nichts Besonderes, dass die Vorsitzende der größten Oppositionspartei den Kanzleranspruch stellt. Die SPÖ weist vielmehr die Besonderheit auf, dass innerhalb der Partei nicht alle daran glauben, dass die Vorsitzende die Richtige für dieses Amt wäre, aber das ist eigentlich unwichtig. Es kommt auf die politische Ausrichtung einer künftigen Kanzlerpartei an.

Rendi-Wagner hat viele Überschriften präsentiert, die man bei einer sozialdemokratischen Partei ja ohnehin als selbstverständlich annehmen sollte: Verbesserungen beim Gesundheitswesen, bei Sozialem und bei der Bildung. Die an der Veranstaltung teilnehmenden Ex-Bundeskanzler Franz Vranitzky, Viktor Klima, Alfred Gusenbauer, Werner Faymann und Christian Kern hätten alle Zeit der Welt gehabt, diese Forderungen umzusetzen. Aber was haben sie getan? Sie haben an der Demontage des Sozialstaates mitgewirkt, sie haben den Sparstift im Gesundheitswesen angesetzt und die Kluft zwischen Arm und Reich wurde auch unter ihren Kanzlerschaften immer größer. Die ebenfalls anwesenden SPÖ-Gewerkschaftsbonzen sorgten sich so sehr um das Wohl der Unternehmer, dass ihre „maßvolle Lohnpolitik“ dazu führte, dass die Lohnabhängigen mit ihren Löhnen und Gehältern heute weniger kaufen können, als vor zwanzig Jahren.

Vielleicht wäre es dem Großkapital sogar lieber, wenn eine Bundesregierung wieder von der SPÖ angeführt würde. Ruhe würde einkehren und wieder Politik fürs Kapital gemacht werden, die weitgehend störungsfrei abläuft. Zwar gab es auch bei SPÖ-Ministern in der Vergangenheit schon strafrechtliche Verurteilungen, insgesamt ist die SPÖ aber die Partei, die dem Kapital solider dient. Das, was sie vor der Wahl verspricht, wird sie kaum umsetzen können. Sie wird entweder in Koalition mit einer geschwächten ÖVP oder mit NEOS und Grünen gehen müssen. Beides bedeutet mehr oder minder eine Fortsetzung der bisherigen unsozialen Innenpolitik mit ein paar kleinen rosaroten Tupfern und vor allem eine Weiterführung der stockreaktionären Außenpolitik, mit einer Fortsetzung der hündischen Unterwürfigkeit unter die Interessen der USA, der mächtigen EU-Länder, allen voran Deutschland, und der NATO. Die NEOS fordern sogar offen einen NATO-Beitritt Österreichs, und bei ÖVP und Grünen ist auch nicht sicher, wie lange sie sich dieser Forderung noch verweigern. Ihr Neutralitätsgeschwätz ist längst nutzlos, da ihre Politik das Gegenteil macht.

Strandgut der Geschichte

Dauerhafter sozialer Fortschritt ist nur durch die Mobilisierung der Arbeiterklasse selbst zu erreichen, von selbstbewussten Werktätigen, die die Kraft ihrer Klasse erkennen, die sich nur im Kampf gegen das Kapital entfalten kann. Die Sozialdemokraten mit ihrer Stellvertreterpolitik („Wir machen das schon für euch“) haben viel zur Entpolitisierung der Arbeiterklasse beigetragen und so ihre Kampffähigkeit dauerhaft geschwächt. Deshalb ist es ein unnötiger Aufwand, sich von einer SP-geführten Regierung viel zu erwarten, um dann umso mehr enttäuscht zu werden.

Ebenso ist es unnötig, sich als Arbeiterklasse irgendetwas von den NEO-Sozialdemokraten zu erwarten. Ob die Linke in Deutschland, Podemos in Spanien, KSCM in der Tschechischen Republik, PCP in Portugal oder Syriza in Griechenland: Alle sind sie in ihren Regierungsbeteiligungen zu kläglichen Helfern einer kapitalfreundlichen Politik geworden und dabei zu den größten Helfern ihrer eigenen Marginalisierung geworden. Strandgut der Geschichte, wie ein alter Genosse zu sagen pflegte.

Die heutige Notwendigkeit besteht vielmehr im Aufbau neuer Strukturen des Klassenkampfes und der Arbeiterbildung, in Form von Parteien, Frauen- und Jugendorganisationen und Basisgewerkschaften. Einen Teil davon gibt es bereits als kleinen Beginn in Form der Partei der Arbeit und der PdA-Jugendfront. Weiteres wird entstehen, da bin ich ganz sicher.

 

Quelle: Zeitung der Arbeit

Österreich