27. Dezember 2024

Organisiert in den Erzwingungsstreik

Ende Januar stellten die Uniklinikbeschäftigten aus NRW dem Arbeitgeberverband und der Landesregierung ein Ultimatum: 100 Tage Zeit zum Verhandeln über einen „Tarifvertrag Entlastung“. Sie fordern ausreichend Personal und einen Belastungsausgleich in Freizeit, falls zu wenige Kolleginnen und Kollegen in der jeweiligen Schicht sind – und bessere Ausbildungsbedingungen. Das Ultimatum endet am Erscheinungstag dieser Zeitung in 16 Tagen und passiert ist seitdem vieles, aber letztlich nichts.

Vieles, weil die öffentliche Unterstützung des angekündigten Kampfes wächst. Nachdem sich in den digitalen Stadtversammlungen der sechs Uniklinikstandorte jeweils über 100 Unterstützerinnen und Unterstützer gefunden hatten, solidarisierten sich auch bei der Übergabe der Petitionen in allen Städten Kolleginnen aus anderen Betrieben, Stadtbewohner, Verbände und Parteien. Sie konnten mit ansehen, wie die Uniklinikbeschäftigten der Landesregierung und dem Arbeitgeberverband 11.906 Unterschriften für einen „Tarifvertrag Entlastung“ übergaben. Annähernd 12.000 Beschäftigte dokumentierten damit ihre Forderung nach einem „Tarifvertrag Entlastung“, zeigten aber vor allem, dass sie bereit sind, sich für die Erreichung dieses Ziels zu organisieren und nach Ablauf des Ultimatums dafür zu kämpfen.

Hinter diesen Unterschriften steckt das „Viele“, was die Besonderheit der Tarifauseinandersetzung ausmacht. Es wurden nicht einfach Unterschriften gesammelt – vielmehr stecken hinter jeder Unterschrift ein oder mehrere Gespräche darüber, was die nächsten Schritte sein sollen. Und diese unternimmt die Uniklinikbewegung „Notruf Entlastung NRW“ mittlerweile. In Team- oder Bereichsratschlägen diskutieren die Kolleginnen und Kollegen ihre konkreten Forderungen: Wie viele Beschäftigte müssen wir im Frühdienst sein, damit wir unsere Arbeit gut erledigen können? Welche besonderen Belastungen wollen wir nicht länger hinnehmen? Was brauchen wir als Belastungsausgleich?

In Hunderten von Teamratschlägen in den einzelnen Kliniken und ähnlich vielen klinikübergreifenden Treffen und Videokonferenzen wurden Fragen diskutiert und die Forderungen vorbereitet. All diese Ergebnisse kommen beim landesweiten Krankenhausratschlag am 12. und 13. April (nach Redaktionsschluss dieser Zeitung) an den ersten beiden landesweiten Warnstreiktagen in Oberhausen zusammen, als Gepäck von rund 800 Streikenden.

Dort werden am ersten Tag in der Stadthalle nicht nur die Forderungspakete geschnürt und beschlossen. Allem voran werden am 13. April die Streikenden die Einleitung der Urabstimmung für einen unbefristeten Erzwingungsstreik ab dem 2. Mai beschließen.

Denn passiert ist auch – nichts. Nichts vonseiten des zu Tarifverhandlungen aufgeforderten Arbeitgeberverbandes, der die Beschäftigten weiterhin ignoriert und dem deren Ultimatum und die Tarifaufforderung nicht einmal eine Antwort wert waren. Nichts Unerwartetes zumindest seitens der Oppositionsparteien im Landtagswahlkampf. Allen voran Thomas Kutschaty: Als Spitzenkandidat der NRW-SPD erklärt er an jeder Stelle und fast schon glaubhaft seine Unterstützung der Forderungen. Auch die Grünen wollen das Thema zur Erreichung ihres Ziels der Regierungsbeteiligung nutzen. Gut, dass die Beschäftigten genug Erfahrung haben mit rot-grüner Regierungspolitik und sich auf sich selbst verlassen. Politikerversprechen werden von ihnen zwar zur Kenntnis genommen, sie werden sie aber nicht davon abhalten, das zu tun, was notwendig ist: Ab dem 2. Mai in den Erzwingungsstreik an allen sechs Unikliniken in NRW zu gehen und so lange zu streiken, bis die Tinte unter dem „Tarifvertrag Entlastung“ trocken ist, der Entlastung und bessere Ausbildung regelt – egal, wer vorher was und wie versprochen hat.

Im Oberhausener Stadion wird ein aus der ganzen Republik stammender „Fanblock“ von Beschäftigten aus weiteren Krankenhäusern und Gesundheitsbetrieben, aber auch völlig anderen Branchen dokumentieren, dass diese Auseinandersetzung nicht nur die der Klinikbeschäftigten ist, sondern alle angeht. Und zeigen, dass keine neue Landesregierung und kein Arbeitgeberverband an den Forderungen nach einem anderen Gesundheitssystem und diesen Streiks vorbeikommen werden!

Quelle: Unsere Zeit

NRW