29. November 2024

Frischer Wind in Havanna: Kubas erste Lokalentwicklungsmesse geht zu Ende

In Havanna ist am vergangenen Sonntag Kubas landesweit erste Messe für lokale Entwicklungsprojekte zu Ende gegangen. Unter dem Motto „Bei der Lokalentwicklung kommt es auf jeden an“, hatten sich mehr als 3100 Aussteller verschiedenster Branchen und Rechtsformen auf dem Messegelände „Expocuba“ zusammengefunden, das zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie wieder für eine Großveranstaltung genutzt wurde. Ziel des mehrtägigen Events war die Schaffung neuer Allianzen um die wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinden voranzutreiben.

Über 700 neue Akteure präsent

Das Thema lokale Entwicklung wird von der Wissenschaft auf Kuba schon länger diskutiert. Im Zuge der Umsetzung der neuen Verfassung werden jetzt größere Schritte in Richtung Dezentralisierung gegangen. Dahinter verbirgt sich auf wirtschaftlichem Gebiet die Schaffung neuer, geschlossener Produktionskreisläufe in den jeweiligen Gemeinden. Diese können seit diesem Jahr selbstständiger haushalten, um Lösungen für ihre Probleme gemäß den Prioritäten vor Ort zu finden und zu finanzieren. Einnahmen kommen unter anderem aus der zweiprozentigen Lokalentwicklungssteuer, die seit einigen Jahren bereits fällig wird.

Dabei soll die Verzahnung zwischen Staats- und Privatsektor, sowohl untereinander als auch mit ausländischen Partnern, vorangetrieben werden. So waren 700 der inzwischen 2865 kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Havanna vertreten, um ihre Projekte vorzustellen. Neben Lebensmittelindustrie- und Produzenten fanden sich unter anderem Verpackungshersteller, Logistikbetriebe und herstellende Industrie auf dem Gelände ein. Sämtliche Gemeinden Havannas haben die Gelegenheit genutzt, um eigene lokale Entwicklungsprojekte vorzustellen und Feedback von Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft einzuholen. Landesweit gibt es mittlerweile 423 solcher Projekte, davon verfolgen 314 eine wirtschaftlich-produktive Zielstellung.

Die Brauanlage soll eine Kapazität von 1500 Litern pro Tag haben (Quelle: Cubadebate)

Ein Beispiel für ein lokales Entwicklungsprojekt ist die Mikrobrauerei „Destino Habanero“, die in Zusammenarbeit mit der deutsch-chinesischen Jinan China-Germany Brewing Co LTD und der staatlichen kubanischen Firma Maquimport entstanden ist. Eine chinesische Brauanlage soll schon bald die Ruine des ehemaligen Staatslokals „Pio Pio“ in Havannas Stadtteil Playa mit frisch gezapftem Gerstensaft wieder auferstehen lassen. Mittel- und langfristig ist der Verkauf von eigenem Flaschenbier geplant. Die Bearbeitung der Anträge bei der zuständigen Stelle der Gemeindeverwaltung habe im vergangenen Oktober Anfangs noch für eine „bürokratische Etappe“ gesorgt, so Gründer Juan José Pellón. Zuletzt hätten die Probleme vor allem bei der Abwicklung der Zahlungen in Folge von US-Finanzsanktionen gelegen.

„Hoffnung und Optimismus“

Von der Gastronomie- und Lebensmittelproduktion über Möbel bis Kosmetikhersteller waren verschiedene Branchen auf der Messe vertreten (Quelle: eigene Aufnahme)

Góngora Domínguez von der Stadtregierung Havannas betonte das große Interesse von Seiten der neuen Akteure des Privatsektors, die seit letztem Herbst ab drei Beschäftigten unter der Rechtsform einer GmbH (auf Kuba: „sociedad de responsabilidad limitada“, SLR) firmieren können. Neu ist auch die größere Autonomie der Staatsbetriebe, womit seit der Währungsreform erstmals reelle Möglichkeiten bestehen, die angestrebten Wertschöpfungsketten zwischen Staats- und Privatsektor umszusetzen. Wie es von Teilnehmenden heißt, liefen die Gespräche vielerorts besser als erwartet.

Präsident Miguel Díaz-Canel stattete der Messe gemeinsam mit Parlamentspräsident Esteban Lazo und anderen Regierungsvertretern einen Besuch ab, was die Unterstützung von Seiten der Regierung unterstrich. „Wir müssen die in jedem Gebiet vorhandenen Kapazitäten ermitteln und weitere entwickeln, damit neue Unternehmen enstehen, die zur Entwicklung der Wirtschaft beitragen“, erklärte Lazo gegenüber Reportern der kubanischen Abendnachrichten.

Der sonst eher für kritische Töne bekannte Ökonom Juan Triana von der Universität Havanna nannte die Messe einen „neuen Ansatz“. Er habe in diesen Tagen „viel Hoffnung und Optimismus“ erlebt, so Triana im Gespräch mit „Cuba heute“. Etwas vergleichbares habe es zuletzt vor über fünf Jahren mit der Handelsmesse von Holguín gegeben, an der erstmals private Kleinstbetriebe teilnahmen. Die diesjährige Veranstaltung in Havanna war jedoch nicht nur größer im Umfang, sondern dürfte angesichts der neuen wirtschaftlichen Möglichkeiten für Staats- und Privatbetriebe wohl auch langfristig von größerer Bedeutung gewesen sein.

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Quelle: Cuba heute

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