„nd.DieWoche“ zum Weltsozialforum in Mexiko-Stadt
Der russische Angriffskrieg ist überflüssig wie ein Kropf. Schon ohne ihn hat die Welt seit der Finanzkrise 2008 mit einer Vierfachkrise zu tun, der sie nicht Herr wird. Klima- und Energiekrise, eine seitdem mit Nullzinspolitik nur kaschierte Finanzkrise und eine Nahrungsmittelkrise. Alle vier Krisenfaktoren verschärfen sich durch den Ukraine-Krieg.
Die kolumbianischen Indigenas, die mit Bestürzung auf das Telefonat von Kanzler Olaf Scholz mit dem rechten Präsidenten Kolumbiens, Iván Duque, reagiert haben, sind nur ein Beispiel. Deutschland will schnellstmöglich mehr schmutzige Kohle aus Kolumbien beziehen, um Energieengpässen zu begegnen – was scheren da die CO2-Emissionen oder gar die Umwelt und die Menschen in den kolumbianischen Abbaugebieten? Die haben die deutsche Regierungspolitik noch nie interessiert, so wenig wie der Putin’sche Autokratismus vor dem 24. Februar. Billige Energie für die deutsche Wirtschaft ist die Leitlinie.
Die Vierfachkrise konnte das Weltsozialforum (WSF) in Mexiko-Stadt so wenig lösen wie in all den Jahren zuvor, seit es 2001 im brasilianischen Porto Alegre aus der Taufe gehoben wurde. Seitdem geht es um eine Weltordnung, die das soziale Element über das wirtschaftliche Element stellt – gemäß dem WSF-Slogan „Eine andere Welt ist möglich“. Viel mehr als symbolischen Beistand für soziale Bewegungen vermochte das Weltsozialforum leider nicht zu leisten. Diesem Vorwurf sieht sich das WSF schon seit Langem ausgesetzt. Die Erschöpfungssignale zeichnen sich seit Jahren immer deutlicher ab, schon längst vor der Corona-Pandemie, die analoge Treffen bis zu jenem Anfang Mai in Mexiko-Stadt unmöglich machte.
Aber allein durch seine Existenz verweist das Weltsozialforum auf die Notwendigkeit der Suche nach einer anderen Weltordnung mit Vorfahrt für das Soziale, für Menschenrechte für alle. Der Ukraine-Krieg macht das deutlicher denn je.