26. Dezember 2024

Offensivwaffen ins Kriegsgebiet

Von Anne Rieger, Sprecherin des Bundesausschusses Friedensratschlag.

Wie rational und äußerst vernünftig unsere Forderung „Die Waffen nieder“ ist, zeigt sich in der Reaktion der Russischen Föderation auf die Lieferung von – schweren – Waffen aus dem NATO-Gebiet.

Umgehend hatte „die russische Armee sechs Umspannwerke der Eisenbahn vernichtet, durch die Transporte von Waffen und Munition aus den USA und den europäischen Ländern für die ukrainischen Truppen im Donbass liefen“, zitierte die „Zeit“ den Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums. Das russische Militär werde NATO-Waffentransporte in der Ukraine als zu zerstörende Ziele betrachten. Darüber hinaus sollen 40 militärische Ziele in der Ukraine einschließlich Munitionsdepots getroffen worden sein. 500 Ziele, darunter Kommando- und Stützpunkte, Depots und Truppenansammlungen seien beschossen worden. Dabei seien 300 ukrainische Soldaten getötet worden, so der russische Sprecher, zitierte die „Zeit“.

Nicht nur diese Männer starben. Wie in jedem Krieg sterben Zivilisten. Und die Zerstörung der Infrastruktur des Landes trifft die ukrainische Bevölkerung nun noch brutaler als der bisherige Kriegsverlauf. Mehrere Bahnhöfe, drei Kraftwerke wurden beschädigt, Wasser- und Stromversorgung fällt aus. Die Erzählung unserer Mainstream-PolitikerInnen und -MedienarbeiterInnen, NATO-Waffenlieferungen würden den Krieg in der Ukraine beenden, zeigen sich als Märchen und Lügen. Sie sollen unsere Köpfe verwirren. Es war vorherzusehen, dass die russische Armee nicht tatenlos zusehen würde, wenn die Ukraine laufend mit Waffen in Milliardenbeträgen von den NATO-Ländern versorgt wird, und immer schwerere Waffen in die Ukraine geliefert werden.

Jetzt dreht sich die Eskalationsspirale weiter, die mit dem „Bellen der NATO vor Russlands Tür begann“, wie der Papst es formulierte. Die mit der Aggression der Russischen Föderation in die Ukraine weiter gedreht wurde und die nun eine weitere Stufe erlangt mit der geplanten Kriegsgerätelieferung von sieben Panzerhaubitzen aus Deutschland und zwölf aus den Niederlanden. Das sind keine Verteidigungswaffen mit ihrer Reichweite bis zu 56 Kilometer. Sie können „auch“ offensiv eingesetzt werden, schreibt der „Tagesspiegel“. Sie seien das Modernste, was es an Artillerie gibt. Verbunden mit offenbar auch geplanten verschiedenen Radarsystem-Lieferungen entspricht das dem Verlangen des ukrainischen Präsidenten, in die Offensive zu gehen. Den Krieg auf russisches Gebiet tragen? Der Krieg würde dann ausgeweitet, es ginge nicht mehr um Verteidigung. Eine solche Ausweitung der Kriegshandlungen würde Verhandlungen erschweren, denn diese setzen zuerst einmal einen Waffenstillstand voraus.

Statt den ersten Schritt, „sofortiger Waffenstillstand“, anzugehen, Verhandlungen mit Russland einzuleiten unter Berücksichtigung der Sicherheitsinte­ressen der ukrainischen und russischen Menschen, der Ukraine und der Russischen Föderation, wird – gleichgültig gegenüber dem Leid der Menschen – das Krisen- und Kriegsszenario mit weiteren Waffen angeheizt. Es wird nicht versucht, das Feuer zu löschen. Die Spirale wird weiter gedreht.

„German Foreign Policy“ berichtet, dass James Heappey, Staatssekretär im britischen Verteidigungsministerium, erklärt hat, es sei „vollkommen legitim“, wenn die ukrainischen Streitkräfte, um die russische Logistik zu treffen, Ziele auf russischem Territorium angriffen; dazu dürften sie auch britische Waffen nutzen. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Marija Sacharowa, warnte daraufhin, nach dieser Logik sei es zulässig, dass Russland militärischen Nachschub für die Ukraine auch außerhalb ukrainischen Territoriums angreife, etwa auf dem Gebiet von NATO-Staaten.
Das wäre dann unser Land. Deutschland wäre aktive Kriegspartei.

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im britischen Unterhaus, Tobias Ellwood, warnte seinerseits, Heappeys Äußerungen hätten „das Potenzial, zu Vergeltungsschlägen gegen Polen einzuladen“; Quellen in den britischen Streitkräften ließen sich zudem mit der Einschätzung zitieren, Flugplätze, von denen aus Militärtransporter mit Waffenlieferungen für die Ukraine starteten, könnten als legitime Ziele für russische Gegenangriffe angesehen werden. Ein solcher Flugplatz liegt in Deutschland – der US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz.

Die Diskussion um eine mögliche Anwendung von Atomwaffen treibt die Eskalationsspirale weiter voran.

Angesichts des Horrorszenarios und angesichts dessen, dass sogar ehemalige deutsche Generäle vor den Waffenlieferungen warnen, geht es wohl nicht um Solidarität mit den ukrainischen Menschen, auch nicht um Solidarität mit dem ukrainischen Staat. Offensichtlich geht es um geopolitische Interessen und die des militärisch-industriellen Komplexes. Darauf deuten auch die Wirtschaftssanktionen hin, die zuallererst einfache Menschen in Russland, in der EU, hier in Deutschland und vielen Ländern der Erde treffen. Sie sind da nur Spielball. Darauf müssen wir unermüdlich hinweisen. Lasst uns das tausendmal Gesagte immer wieder sagen: Die Waffen nieder!

Quelle: Unsere Zeit

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