DGB-Bundeskongress: Sozialstaat stärken und gerecht finanzieren
Beim 22. DGB-Bundeskongress haben die Delegierten die gewerkschaftlichen Leitlinien für die Arbeit und die soziale Sicherung der Zukunft festgelegt. Den entsprechenden Anträgen B001 und B010 stimmten die Delegierten in der vorliegenden Fassung zu.
„Es braucht eine gemeinsame Strategie für Gute Arbeit“, forderte Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied, „weil gute Arbeit tragende Säule eines leistungsfähigen sozialen Staates ist.“ Maßstab müsse immer der Mensch sein, im Mittelpunkt allen Handelns Bedürfnisse und Bedarfe der arbeitenden Menschen, der Erwerbslosen, der Kranken und Menschen mit Behinderung genauso wie die der Rentner*innen“, so Piel.
Mit beiden Anträgen fordern die Gewerkschaften, den Sozialstaat substantiell zu stärken.
Zentral sei, die Systeme der sozialen Sicherung mit einem klugen Mix aus Beiträgen und aus Steuermitteln gerechter zu finanzieren. „Für gute Finanzierung braucht es viele, starke Schultern“, so Piel. Die Debatte über die Finanzierung des Sozialstaats sei neu entflammt, „und diese Auseinandersetzung ist keine zwischen den Generationen, sondern hier geht es um den zentralen Konflikt zwischen Arbeit und Kapital.“
Beiträge zu deckeln und Leistungen abzubauen sei keine Lösung. Im Gegenteil: „Wer den Beitragssatz zu den Sozialversicherungen dauerhaft begrenzen möchte, betreibt Sozialabbau und verlagert Verteilungskonflikte auf Beschäftigte, Rentner*innen und Erwerbslose, statt Unternehmen und Vermögende in die Verantwortung zu nehmen. Wir halten dagegen: Die Würde des Menschen und der Anspruch auf eine gute Versorgung bei Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Arbeitslosigkeit, bei Erwerbsminderung oder im Alter darf keinesfalls den Profitinteressen Einzelner geopfert werden.“
Auch in den Bereichen Gesundheit und Pflege habe die Maximierung von Renditen für Fehlentwicklungen gesorgt. „Wie unverzichtbar eine leistungsfähige, verlässliche und gute Gesundheitsversorgung ist, haben zwei Jahre Pandemie deutlich gemacht“, sagte Piel. Dem profitorientierten Gesundheitskapitalismus muss ein Ende gesetzt werden und das Gesundheitswesen muss sich wieder am Gemeinwohl und am Wohl der Menschen orientieren. „Mensch statt Profit ist die Maxime“, sagte Piel. Flankiert werden müsse das durch die Einführung einer Bürgerversicherung für Gesundheit und Pflege. Gute Versorgung brauche neben verlässlicher und solidarischer Finanzierung außerdem gute Arbeit. „Dafür braucht es mehr Personal, bessere Arbeitsbedingungen und eine angemessene Bezahlung,“ forderte Piel.
Außerdem will der DGB seine Bemühungen vorantreiben, die gesetzliche Rente zu stärken. Es braucht eine klare Vorstellung davon, wie ein Gesamtversorgungsniveau für Erwerbstätige aussehen muss, das für eine auskömmliche Alterssicherung sorgt. „Die gesetzliche Rente mit einem Rentenniveau von mindestens 48 und später 50 Prozent bleibt für uns die Grundlage. Zu klären ist, wie wir diese Basis mit einer guten vom Arbeitgeber mitfinanzierten betrieblichen Alterssicherung flächendeckend ergänzen können“, so Piel. Der DGB erteilt dem Vorhaben eine Absage, die Umlagefinanzierung durch ein Kapitaldeckungsverfahren zu ersetzen. „Der DGB lehnt Formen der Versorgung, die die Arbeitgeber aus der Verantwortung lassen und die Kosten alleine den Beschäftigten aufbürden, entschieden ab.“