Trotz Bombenanschlägen und Ausweitung des Militäreinsatzes wieder Abschiebeflug nach Afghanistan geplant
PRO ASYL fordert sofortigen Abschiebestopp und faktenbasierten Bericht des Auswärtigen Amtes
PRO ASYL kritisiert den für heute vorgesehenen Abschiebeflug nach Afghanistan von Leipzig/Halle auf das Schärfste. Die Situation in Afghanistan eskaliert immer weiter, das berichten die Vereinten Nationen und internationale Organisationen übereinstimmend. Das Verhalten der Bundesregierung ist vollkommen absurd: »Die Lage in Afghanistan ist derart dramatisch, dass der Militäreinsatz der Bundeswehr aufgestockt wird und gleichzeitig wird weiter ins Krisengebiet abgeschoben«, kritisiert Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL.
PRO ASYL fordert den sofortigen Stopp von Abschiebungen nach Afghanistan. Das Auswärtige Amt (AA) muss den seit Monaten überfälligen »Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage« für Afghanistan endlich vorlegen. Dass das AA nicht in der Lage sein soll, einen faktenorientierten Lagebericht zu veröffentlichen, ist inakzeptabel, zumal aufgrund eines Perspektivberichts der Bundesregierung die Aufstockung und Verlängerung des Bundeswehrmandats beschlossen wurde. »Es ist skandalös, dass unter der Fiktion, es gebe sichere Gebiete, Menschen abgeschoben und zuvor im Bundesamt auf Basis einer veralteten Lageeinschätzung abgelehnt werden«, beklagt Burkhardt. »Das AA kann nicht im Land rumreisen, aber Flüchtlinge sollen in der Lage sein, eine »inländische Fluchtalternative« zu erreichen – und wo diese liegt und ob sie dauerhaft sicher ist, kann niemand sagen.«
In den letzten Monaten ist eine Vielzahl von Berichten von internationalen Organisationen veröffentlicht worden, die die Dramatik der Lage zeigen. 2017 seien laut UNAMA in Afghanistan bei Anschlägen und Gefechten 3.438 Zivilisten getötet und 7.015 verletzt worden. Kabul ist den Angaben der UN-Vertretung in Afghanistan zufolge zur zweitgefährlichsten Region im Land für Zivilisten geworden: 16 Prozent aller Anschlagsopfer im vergangenen Jahr kamen in der Hauptstadt um oder wurden verletzt. Erst vergangene Woche hat ein Selbstmordanschlag in Kabul mehr als 30 Zivilisten das Leben gekostet. Kabul ist Zielort der Abschiebeflüge und wird in den Ablehnungsbescheiden des Bundesamtes regelmäßig als angebliche »inländische Fluchtalternative« aufgeführt.
In fast allen Provinzen Afghanistans (30 von 34) kam es laut UNOCHA-Bericht im vergangenen Jahr zu Vertreibungen, mindestens 360.000 neue Binnenvertriebene wurden registriert. Amnesty International dokumentiert in seinem Jahresreport 2017 massive Menschenrechtsverletzungen, sowohl durch regierungstreue Kräfte als auch durch regierungsfeindliche Konfliktparteien.
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