Über 50 Tote bei Aufstand im Gefängnis Tuluá
Bei einem Aufstand und Fluchtversuch von Insassen im Gefängnis Tuluá in der westlichen Provinz Valle del Cauca sind bisher 51 Tote und Dutzende Verletzte zu verzeichnen. Der Fluchtversuch, so die staatlichen Medien, sollte in der Nacht von Montag zu Dienstag stattfinden und brach in einem Gefängnistrakt aus. Laut der staatlichen Medien gab es eine große Auseinandersetzung unter den Insassen und dann wurden Matratzen angezündet. In dem Trakt saßen mehr als 200 Insassen, im gesamten Gefängnis mehr als 1200. Es ist mit 17% überbelegt und offenbart ein seit Jahrzehnten existierendes Problem in Kolumbien. Die Gefangenen leiden unter unmenschlichen Bedingungen, es gibt eine permanente Überbelegung, Gewalt, kaum medizinische Versorgung und keine soziale Infrastruktur wie Rehabilitationsprogramme.
Schon in den Jahren zuvor gab es immer wieder Meldungen und Kampagnen von sozialen Organisationen zu den unmenschlichen Bedingungen in den kolumbianischen Gefängnissen. Davon betroffen waren auch politische Gefangene, die teilweise weit weg von ihrem zu Hause und teilweise isoliert untergebracht werden. Oftmals haben kriminelle und paramilitärische Strukturen innerhalb der Gefängnisse unter Mithilfe der korrupten Beamten die Macht übernommen. Zu Zeiten der alten FARC-EP konnten wenigstens politische Häftlinge vereint in Trakten untergebracht werden. Aufgrund ihrer Sozialisation in der aufständischen Bewegung versuchte man, einen politisch strukturierten Tagesablauf und auch Unterstützung von außen zu organisieren. Individuelle Häftlinge haben oftmals nur ihre Familien und sonst keine Unterstützung.
Der neugewählte Präsident Gustavo Petro sagte, die Regierung müsse ihre Gefängnispolitik neugestalten. „Der kolumbianische Staat hat das Gefängnis als einen Ort der Rache und nicht der Rehabilitation angesehen“, schrieb er auf Twitter. Petro, der sein Amt im August antreten wird, wies auf frühere Vorfälle hin, die zum Tod von Gefangenen im maroden und überfüllten Gefängnissystem Kolumbiens geführt hatten, darunter im Jahr 2020 in der größten Einrichtung des Landes, La Modelo in Bogotá. „Was in Tuluá passiert ist, wie das Massaker in La Modelo, zwingt zu einem vollständigen Umdenken in der Gefängnispolitik“, schrieb Petro. Bei diesem Vorfall wurden während der Coronavirus-Pandemie bei Protesten gegen unhygienische Bedingungen in ihrer Einrichtung mindestens 23 Gefangene getötet und über 80 verletzt.
Quelle: Widerstand in Kolumbien